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© pexels.com/Aleksandar Pasaric

Konzertierte Aktion Wohnen 2023

Lähmung beim Wohnungsbau als bedrohlicher Dauerzustand? Es braucht den politischen Ruck. Jetzt.

Das Ziel der Bundesregierung können selbst Menschen im Land, die wenig mit Wohnungsbau zu tun haben, lässig referieren, wenn sie aus dem Tiefschlaf gerissen werden: „400.000 neue Wohnungen pro Jahr“. Der Blick auf den Ertrag im vorigen Jahr fällt allerdings so ernüchternd aus, dass es einen ganz um den Schlaf bringen kann. Tatsächlich gebaut wurden 295.300 – also 104.700 weniger als angestrebt. Und es geht weiter: Im ersten Halbjahr 2023 wurde der Bau von 135 200 Wohnungen genehmigt – das entspricht einem Rückgang von 27,2 Prozent gegenüber dem ersten Halbjahr 2022. Monat für Monat zeigen die Zahlen des Statistischen Bundesamts, dass es weiter bergab geht bei den. Weiter, immer weiter.

Die Aussichten? 2023 droht ein Gap von 400.000. Für 2025 ist eine weitere Zuspitzung absehbar: Auf 700.000 dürfte die Lücke wachsen. Insgesamt fehlten dann Wohnungsbestände fast in der Größenordnung von Bremen plus Saarland – das wären 1,4 Millionen Menschen, die suchen und nicht finden.

Am Montag, 25. September, 2025, gibt es die ultimative Nagelprobe. Dann kommt das Bündnis bezahlbarer Wohnraum wieder im Kanzleramt zusammen.

Der zweite Gipfel unter der Regie von Bundeskanzler Olaf Scholz muss die Wende bringen – oder es sieht stockfinster aus für hunderttausende Mieterinnen und Mieter. Politiker(innen) in Bund, Ländern und Kommunen müssen sich mit ganzer Kraft dem Negativ-Trend entgegenstellen. Alles andere wäre ein politischer Offenbarungseid.

Denn: Der Staat selbst ist ein Kostentreiber. Er ist – direkt oder indirekt für über ein Drittel der Kosten beim Wohnungsbau verantwortlich. Diese „Staatsquote“ beträgt mittlerweile etwa 37 Prozent der gesamten Baukosten*.

Der ZIA sieht aktuell fünf entscheidende Hebel, um dem Stillstand etwas Starkes entgegenzustellen:

  • Ein großvolumiges „KfW-Kreditprogramm Wohnen“ mit einem Zinssatz von zwei Prozent für Neubauten ab Standard EH 55
  • Eine Ausweitung des §246 des Baugesetzbuchs auf den Mietwohnungsbau
  • Ein Runterfahren oder zeitlich begrenztes Aussetzen der Grunderwerbsteuer auch für Mietwohnungen
  • Mehr politische Unterstützung für den Beschleuniger „serielles und modulares Bauen“
  • Mehr steuerlichen Spielraum durch eine degressive Afa

Es braucht den Durchbruch. Jetzt. Am Montag muss die Wende gelingen.

Denn bei alledem geht es auch um den Zusammenhalt im Land. In dieser Zeit, in der mehr als eine Million Geflüchtete aus der Ukraine in Deutschland Schutz gesucht hat, wären eine Zuspitzung der Lage und ein aufgeheizter Kampf um ohnehin kaum verfügbaren Wohnraum hochriskant.

Abwarten also ist definitiv keine Option. Denn hinter den kühlen Zahlen stehen unzählige Biografien, die entspannter und gesicherter verlaufen könnten, wenn, ja, wenn es mehr bezahlbaren klimagerechten Wohnraum gäbe: Da sind Familien, die in Mini-Wohnungen zusammenhocken müssen, die so gar nicht mehr zur Größe der Familie passen. Da sind Paare, die den Alltag getrennt verbringen, weil sie auch nach zweijähriger Suche keine akzeptable Wohnung für die gemeinsame Zukunft finden. Da sind Rentnerinnen und Rentner, die in veralteten Hüttchen leben, weil die moderne stadtnahe Wohnung nicht zu haben ist. Da sind Auszubildende oder Studentinnen und Studenten, die unfreiwillig länger bei Vati und Mutti bleiben, weil sie nicht zu den wenigen Glücklichen gehören, die eine bezahlbare Wohnung ergattern.

„Wir müssen alles tun, um eine verschärfte Konkurrenz um Wohnraum zu verhindern, weil ansonsten auch die Stabilität der Gesellschaft insgesamt gefährdet wird“, warnt ZIA-Präsident Andreas Mattner.

Bund, Länder und Kommunen sind in der Pflicht. Die Bau- und Immobilienwirtschaft braucht Bewegungs-Freiraum. Finanziell und planerisch.

Die Branchen leiden unter der Inflation, stetig steigenden Zinsen und unter Auflagen, die sie einengen. Einen Eindruck von der Bremswirkung vermittelt eine aktuelle Nachricht des ifo-Instituts: Im August berichteten 20,7 Prozent der Firmen von abgesagten Wohnungsbau-Projekten – die Zahlen stehen für einen neuen Höchststand der Stornierungswelle. Diese Stornierungen zeugen von Investoren, die loslegen wollten, es aber unter den aktuellen Bedingungen nicht konnten.

Diese Krise auf Rekordniveau ist nur mit einer Rekord-Anstrengung zu meistern.

Die Zeit für einen neuen starken Anlauf ist reif. Packen wir’s an.

*Die Berechnung stützt sich auf Daten der Baufortschrittsberichte Nr. 67 (2015) und Nr. 86 (2023) der ARGE Kiel.

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