Konzertierte Aktion Wohnen

Was es jetzt braucht, um den Wohnungsbau
endlich wieder anzukurbeln

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

© pexels.com/Aleksandar Pasaric

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Debatte um Wohnungsneubau oder:

Wenn Fakten auf Nebelkerzen treffen

Es tut sich gerade sehr wenig beim Wohnungsneubau, und es besteht die akute Gefahr, dass sich bald fast gar nichts mehr tut. Die Zahl der Baufertigstellungen lag im vergangenen Jahr bei 295.300 Wohnungen und verharrte damit etwa auf dem Niveau von 2021. Das Ziel der „Ampel“, 400.000 neue Wohnungen pro Jahr fertigzustellen, wird deutlich verfehlt. Das Wohnungsbau-Barometer des ZIA hält die Lücke nach. Und die Aussichten sind alles andere als gut. Die Anspannung wächst. Denn bis 2025 könnten etwa 700.000 Wohnungen fehlen. Es könnte dann 1,4 Millionen Menschen treffen, die suchen und nicht finden.

  • Ziel der Bundesregierung: 400.000 Wohnungen pro Jahr zu bauen. Lücke von 104.700 Wohungen (2022) 74% 74%
  • Rückgang der Baugenehmigungen: 26 Prozent weniger als ein Jahr zuvor (März 2023) 26% 26%

Das Land lechzt also nach Lösungen. Und Schlagwörter, die das Land in einen wohligen Entspannungsmodus versetzten, sind schnell gefunden: „Wohnungstausch zum Beispiel  weckt große Hoffnungen – da geht doch was, da müsste noch eine Menge schlummerndes Potenzial stecken, oder?

In der Tat: Da geht was. Die Frage ist jedoch, ob es hier um nennenswerte Größenordnungen oder nur um Ideen mit Minimal-Erfolgen geht, die äußerst wenig an dem Riesenproblem verändern und deren permanentes Hervorheben wie Nebelkerzen wirken, die vom Kern der Aufgabe, ablenken, dem Neubau in großem Stil.

Testfall: Tauschbörse

Testfall: Tauschbörse. Das klingt zunächst nach einer echten Win-win-Situation.  Ältere bieten zum Beispiel geräumige Wohnungen, die für sie zu groß sind, an und bekommen im Gegenzug  von Jüngeren passende kleinere Wohnungen. Es ist ein Win-win-Arrangement. Nur geht es hier bisher leider nicht um eine Verschiebung im großen Stil, sondern nur um den sprichwörtlichen Tropfen auf den heißen Stein.

Foto: Pexels/
Juan Pablo Serrano Arenas

Prof. Harald Simons (empirica) hat im Gespräch mit dem „Handelsblatt“ aufgeräumt mit Illusionen: „Für einen Tausch brauchen Sie eine beidseitige Übereinstimmung in dem, was gegeben und was gewünscht wird. Wenn ich Tomaten habe und Gurken brauche, muss ich schon jemanden finden, der genau Gurken hat und Tomaten braucht.“

Eine Reihe von Parametern müssten bei Wohnungen exakt passen.  Kurz: Der Tomaten-Gurken-Abgleich kann beim Wohnungstausch in einzelnen Fällen gelingen, eine riesige Wohnungsnot-Entlastungs-Reserve aber liegt hier nicht verborgen. Das Ergebnis des Chancen-Checks in den Worten des Experten Simons: „minimal“. 

Die Substanz hinter dem Nebel

Und so gilt es nicht nur beim „Wohnungstausch“, sondern auch bei anderen wohlklingenden Schlagwörtern, den Nebel weiter zu lichten und zu überprüfen, was am Ende mit wie viel Substanz zu unterfüttern ist. Auch bei „Bebauung innerstädtischer Brachen“, „Ausbau von Dachgeschossen“, „Nutzen freistehender Wohnungen auf dem Land“, „Umnutzen von Großimmobilien“, „Bauüberhang“ braucht es den Check.

Im Bündnis bezahlbarer Wohnraum wurden eine Reihe von Schritten angegangen, die  Deutschland auf den Weg zu mehr bezahlbaren, klimagerechten Wohnraum ein gutes Stück voranbringen können. Und: Das Gremium hat im Kraftakt Maßnahmen angestoßen, die in Normalzeiten einen echten Schub versprechen. Nur: Aktuell ist Ausnahmezeit, und deshalb fordert der ZIA den großen Extra-Anlauf, eine Konzertierte Aktion Wohnen, in der sich alle staatlichen Akteure – Bund, Länder und Kommunen – im Schulterschluss für harte Zeiten rüsten.

Denn der Staat ist in der aktuellen Lage nicht nur Beobachter einer ernsten Lage, die durch internationale Faktoren – Zinssteigerungen, Kostenexplosionen etc. – dominiert wird, sondern ist auch selbst Akteur. Wenn etwa 37 Prozent der Kosten beim Neubau Aufwendungen „von Staats wegen“ sind, dann belegt das: Die Entscheiderinnen und Entscheider in Bund, Land und den Kommunen selbst haben es zu einem beachtlichen Teil in der Hand, der Immobilienwirtschaft die Freiheiten zu geben, die sie braucht, um die Wohnungsnot mit Investitionen in den Neubau entscheidend zu lindern. ZIA-Präsident Dr. Andreas Mattner sagt es so: „Es ist jetzt an der Zeit, unangenehme Wahrheiten auszusprechen. Der Staat selbst muss auf breiter Front Abschied nehmen vom Modell ‚Kassieren und Regulieren‘.“

Civey-Umfrage: 02.- 03.03.2023
Stichprobengröße: 5.000
BRD Gesamtbevölkerung ab 18 Jahren

 

%

Rückgang der Baugenehmigungen

%

beträgt die "Staatsquote" am Produkt Wohnen

 

Die Positionen des ZIA Punkt für Punkt:

 

Konzertierte Aktion Wohnen [PDF | 839 KB]

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