Konzertierte Aktion Wohnen
Was es jetzt braucht, um den Wohnungsbau
endlich wieder anzukurbeln
© pexels.com/Aleksandar Pasaric
Etwa 37 Prozent der Kosten beim Neubau sind Kosten von Staats wegen
– wofür fallen sie an?
Die Augenbrauen einiger Zuhörerinnen und Zuhörer gingen erkennbar hoch, die Skepsis war sofort zu spüren: Als ZIA-Präsident Dr. Andreas Mattner im Frühjahr erstmals die Zahl „37“ für den Anteil staatlicher Finanzlasten und Fesseln durch Auflagen erwähnte, war die mimische Botschaft im Publikum eindeutig: „Das kann ja wohl nicht wahr sein!“
Nun, die Augenbrauen blieben oben – nur das Signal verschob sich in einem entscheidenden Punkt: „Das darf ja wohl nicht wahr sein!“
Denn tatsächlich zeigt sich für die Immobilienwirtschaft eine eigene „Staatsquote“ – mit einem beachtlichen Anteil der Kosten beim Neubau, für den Bund, Länder und Kommunen verantwortlich sind. Mit Steuern, Abgaben oder eben penibelsten Vorgaben wird der Spielraum der Branche zunehmend begrenzt. Beim Wohnungsbau fallen etwa 37 von 100 Euro „von Staats wegen“ an. Oder aber sie fallen nicht an, weil Investorinnen und Investoren ihre Wohnungsbaupläne erst einmal auf Eis legen.
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Beim Wohnungsbau fallen etwa 37 von 100 Euro „von Staats wegen“ an
Wie genau schlüsselt sich dieser Wert von etwa 37 Prozent auf?
Beispielhaft hier der Blick auf den Anteil staatlich bedingter Kosten am Verkaufspreis eines typischen Mehrfamilienhauses beim Kauf über einen Projektentwickler oder eine Projektentwicklerin:
- Grunderwerbsteuer und Notarkosten bei Erwerb des zu bebauenden Grundstücks: 1 Prozent
- Vorgaben zum sozialen Wohnungsbau zu sozialgerechter Bodennutzung o.ä.: 5 Prozent
- Kommunale Anforderungen und Auflagen: 3 Prozent
- Baugenehmigungsgebühren: 0,1 Prozent
- Technische Baubestimmungen / Normen und Qualitätsstandards: 5 Prozent
- Energetische Anforderungen: 5 Prozent
- Umsatzsteuer: 11 Prozent
- Grunderwerbsteuer und Notarkosten bei Erwerb der fertiggestellten Immobilie: 7 Prozent
Der staatliche Anteil am „Gut Wohnen“ ist schon lange zu hoch. Aktuell aber wirkt er wie eine Vollbremsung. Denn die Immobilienwirtschaft wird ohnehin von steigenden Kosten geradezu erstickt – von denen viele mit nationalen Handgriffen nicht zu beeinflussen sind, weil sie durch die international angespannte Lage ausgelöst wurden. Mit den steigenden Zinsen versucht die Europäische Zentralbank (EZB) die Inflation in den Griff zu bekommen. Die Inflation selbst wiederum wurde unter anderem durch den Krieg in der Ukraine mit drastisch steigenden Energie-, Material- und Lebensmittelpreisen in Höhen getrieben, die es hierzulande Jahrzehnte lang nicht gab. Diese Veränderungen können politische Entscheiderinnen und Entscheider in Deutschland gerade kaum beeinflussen.
„Hier ist der Hebel für Veränderungen“
Umso wichtiger ist es da, dass Politikerinnen und Politiker hierzulande an genau den Punkten aktiv werden, an denen sie das Geschehen selbst in der Hand haben. Bei den enormen Preissteigerungen für Immobilien gäbe es da so einiges. Die Grunderwerbsteuer, die in einigen Bundesländern satte 6,5 Prozent beträgt, wäre ein zentraler Punkt. Auch manche bauliche Vorgabe zum Beispiel ist nicht zwingend geboten.
„Im Laufe der Jahre ist die Staatsquote am „Gut Wohnen“ auf etwa 37 Prozent gestiegen. Explodierende Grunderwerbsteuern, Gebühren, Quotenforderungen sowie Vorgaben und Restriktionen verursachen weit mehr als ein Drittel der Kosten“, klagt ZIA-Präsident Andreas Mattner. „Genau hier sind die Hebel, wenn eine Wende am deutschen Wohnungsmarkt realistisch sein soll.“
Wer den bedauernden Kommentaren zur trostlosen Entwicklung und dem nahezu gelähmten Wohnungsneubau Taten folgen lassen will: Die 37 Prozent bieten reichlich Raum dafür – runter damit!
* ZIA-Taxierung auf Basis von ARGE Kiel Bauforschungsbericht Nr. 67, 2015, und Bauforschungsbericht Nr. 86, 2023
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Rückgang der Baugenehmigungen
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