
Gesamtwirtschaftliche Entwicklung und Immobilienklima
Die gesamtwirtschaftliche Entwicklung wird jedes Jahr vom Immobilienweisen Prof. Dr. Dr. h.c. Lars P. Feld im Rahmen des Frühjahrsgutachtens eingeschätzt und auf die Immobilienwirtschaft bezogen. Lesen Sie hier die Zusammenfassung für die Ausgabe 2025.
Das preisbereinigte Bruttoinlandsprodukt (BIP) ist in Deutschland im Jahr 2024 gegenüber dem Vorjahr um 0,2% gesunken, trotz vorheriger optimistischer Prognosen von +0,6%. Die erhoffte Erholung nach der Corona-Pandemie und Energiekrise blieb aus. Hohe Energiepreise, gesunkene Kapazitätsauslastung und Arbeitsproduktivität drücken auf die Wettbewerbsfähigkeit und dämpfen in Zeiten einer überdurchschnittlich hohen Unsicherheit die Investitionsbereitschaft. Für das Jahr 2025 deuten die Prognosen auf eine Wachstumsrate von 0,4% hin, was die strukturell begründete Wachstumsschwäche verdeutlicht.
Der Arbeitsmarkt blieb trotz der schwachen Konjunktur robust. Die Zahl der Erwerbstätigen stieg über das Jahr 2024 zwar mit 0,2% im Vergleich zum Vorjahr noch leicht, aber im dritten Quartal zeigte sich bereits ein leichter Rückgang (-0,1% im Vorjahresquartalsvergleich). Erwerbstätigkeitszuwächse bei den Dienstleistungen (+0,4%), insbesondere im öffentlichen Dienst (+1,5%), konnten die deutlichen Verluste im Produzierenden Gewerbe (-0,6%) und im Baugewerbe (-1,1%) nicht aufwiegen. Der Anstieg der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten war im Jahr 2024 ausschließlich auf die Zunahme der Teilzeitbeschäftigung zurückzuführen. Ihr Anteil erhöhte sich auf 30,6%, während die Vollzeitbeschäftigung etwas zurückging. Das Beschäftigungswachstum der Vergangenheit dürfte im Jahr 2025 zum Erliegen kommen, auch da nach und nach geburtenstarke Jahrgänge in den Ruhestand eintreten werden.
Die saisonbereinigte Arbeitslosenquote, d.h. der Anteil aller Arbeitslosen an den zivilen Erwerbspersonen nach der Definition der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) stieg laut vorläufiger Schätzung des Statistischen Bundesamts im Jahresdurchschnitt von 2,8% (2023) auf 3,2% (2024). Laut Bundesagentur für Arbeit waren im Dezember 2024 knapp 2,79 Mio. Menschen nach dem SGB III arbeitslos gemeldet. Zudem ist die Unterbeschäftigung gegenüber 2023 um 130.000 auf 3,59 Mio. Personen gestiegen. Ein weiteres Signal der Eintrübung auf dem Arbeitsmarkt war der Anstieg der Kurzarbeit von 241.000 (2023) auf 320.000 Personen (2024).
Die Inflation war 2024 mit 2,2% im Vorjahresvergleich deutlich niedriger als 2023 (6,0%) und näherte sich dem mittelfristigen Ziel der EZB von 2% an. Anfang 2023 lag der Anstieg des Verbraucherpreisindex noch bei 8,7%, doch im Januar 2024 sank die Inflation auf 2,9%. Im weiteren Verlauf des Jahres reduzierte sich der Preisanstieg weiter bis auf 1,6% im September und stieg anschließend bis Dezember 2024 auf 2,6%. Das Sparverhalten der Verbraucher und der zurückhaltende Konsum schränkten den Preissetzungsspielraum für die Unternehmen im Jahr 2024 ein. Die Teuerung zeigte sich vor allem in den Dienstleistungen. Hier wurden die starken Lohnanstiege auf die Preise umgelegt. Dämpfend wirkten hingegen die gesunkenen Energiepreise. Im September 2024 lagen die Preise für Energieträger 7,6% unter denen des Vorjahres. Dieser Rückgang schwächte sich anschließend ab. Gegenüber 2020 lagen die Preise für Haushaltsenergie allerdings um 51,9% höher. Für das Jahr 2025 erwarten die Prognosen im Schnitt eine Inflationsrate von 2,1%.
Die Finanzierungsbedingungen haben sich über das Jahr 2024 hinweg leicht verbessert. Dafür sorgten eine Lockerung der Geldpolitik der EZB und die gesunkene Inflation. Später als vom Markt erwartet reduzierte die EZB im Juni den seit September 2023 bei 4,5% liegenden Leitzins auf 4,25% und dann sukzessive auf 3,15% im Dezember 2024. Mit der sinkenden Inflation und der Inflationserwartung für das Jahr 2025 dürfte die EZB die Leitzinsen im Jahr 2025 weiter senken und somit positive Wachstumsimpulse für die deutsche Wirtschaft setzen.
Die Kreditvergabe an Unternehmen und private Haushalte für den Wohnungsbau erfuhr im Jahr 2023 einen Trendbruch: Das Wachstum im Vergleich zum Vorjahr lag mit 2,9% deutlich niedriger als 2022 (6,6%). 2024 erreichte das durchschnittliche Wachstum in den ersten drei Quartalen im Vergleich zum Vorjahreszeitraum nur 1,2%. Von Quartal zu Quartal gesehen zeigt sich aber ein erster Lichtblick: Im ersten Quartal betrug die Zunahme lediglich 0,1%, stieg dann leicht auf 0,3% im zweiten und 0,4% im dritten Quartal. Nominal lag das Volumen ausstehender Wohnungsbaukredite im dritten Quartal bei 1.816 Mrd. Euro.
Die Bauwirtschaft war im Vergleich mit anderen Wirtschaftssektoren am stärksten vom Rückgang der Bruttowertschöpfung betroffen, zuletzt mit einem Minus von knapp 5% im dritten Quartal im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Vor allem die Produktion im Hochbau setzte ihren Abwärtstrend fort auf ein ähnliches Niveau wie Anfang 2018. Der Wohnungsbau verzeichnete erneut weniger Auftragseingänge. Im ersten Halbjahr 2024 lagen sie durchschnittlich 5,69% unter denen des ersten Halbjahrs 2023. Nach dem besorgniserregenden Auftragseinbruch im Wohnungsbau im Jahr 2022 mit über 15% und knapp 20% im Folgejahr 2023 befand sich das Volumen der Auftragseingänge im Jahr 2024 auf dem Niveau von vor zehn Jahren. Die leichte Stabilisierung der Auftragseingänge im zweiten Halbjahr 2024 dürfte sich aufgrund der Lockerung der Geldpolitik und der weniger stark ansteigenden Baukosten (-1% in 2025) weiter fortsetzen. Ab Mitte des Jahres 2025 dürften sich die Wohnungsbauinvestitionen erholen.
Die Wirtschaftspolitik der nächsten Bundesregierung sollte bessere Bedingungen für Wettbewerbsfähigkeit, Investitionen und Innovationen schaffen, um die Strukturkrise Deutschlands zu lösen. Neben einer Reform der Unternehmensbesteuerung bedarf es Investitionen in die Infrastruktur. Um Investitionen im Bausektor zu stärken, bieten steuerliche Maßnahmen (Reduktion der Grunderwerbsteuersätze, Aufkommensneutralität der Grundsteuerreform, Absetzung von Kosten für die energetische Sanierung) zusätzliche Anreize; ebenso eine Nicht-Verlängerung der Mietpreisbremse und das Belohnen der Sanierung von Immobilien mit den schlechtesten Energieeffizienzen im Rahmen der EU-Taxonomie.
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