Immobilienwirtschaft zum erwarteten Einbruch bei der Grunderwerbsteuer: „Handlungsstillstand rächt sich – für Länder-Finanzminister und für Wohnungssuchende“
Berlin, 26.10.2023 – Der erwartete Einbruch der Einnahmen aus der Grunderwerbsteuer ist aus Sicht der Immobilienwirtschaft Beleg für anhaltende politische Fehlsteuerung. „Die dramatischen Einnahmeverluste, die jetzt für die Grunderwerbsteuer prognostiziert werden, belegen, dass bei den Bundesländern die Erkenntnis fehlt: Wenn nicht gebaut wird, kann man keine Steuern erheben. Erhebt man aber zu viel Steuern, wird nicht gebaut“, kommentiert ZIA-Präsident Dr. Andreas Mattner die heutige Steuerschätzung. Die Entwicklung sei „absolut erwartbar gewesen“. Die Forderung: „Die Grunderwerbsteuer muss grundsätzlich – vor allem für Mietwohnungsbau – ausgesetzt werden.“ Dies solle „bis zum Aufschwung, voraussichtlich für zwei Jahre“ gelten, so Mattner. „Den bittersten Preis zahlen am Ende diejenigen, die weiter vergeblich nach einer Wohnung suchen.“
Hintergrund: Bundesfinanzminister Christian Lindner sprach heute anlässlich der aktuellen Steuerschätzung von einem „deutlichen“ Rückgang bei der Grunderwerbsteuer in diesem und im nächsten Jahr. 2022 kamen 17,1 Milliarden Euro an Grunderwerbsteuer zusammen. Im September 2023 gingen die Einnahmen aus der Grunderwerbsteuer laut Monatsbericht des BMF „wieder etwas kräftiger als zuletzt“ zurück – um 34,1 Prozent gegenüber September 2022.
Der ZIA sieht sich in seinen finsteren Prognosen bestätigt und warnt vor einer Abwärtsspirale: „Ein solch drastischer Rückgang der Grunderwerbsteuer ist nur einer von mehreren Effekten für staatliche Kassen. Auch bei der Umsatzsteuer wird es deutliche Spuren geben, wenn der Wohnungsbau ganz zum Erliegen kommt und Baumaterialien nicht gekauft werden“, sagt Mattner. Er formuliert eine weitere düstere Prognose: „Demnächst dürfte dies noch staatliche Transferleistungen auslösen, denn Teile der Bauindustrie werden in Kurzarbeit gehen oder gar Entlassungen vornehmen.“ Der Staat müsse sich „auf allen Ebenen zurücknehmen“.
Es gibt zunehmend alarmierende Zeichen bei den Projektentwicklern, und ohne die werden keine Wohnungen gebaut: Immer wieder sind Pleiten zu verzeichnen. Hunderte großer Projekte mit einem Volumen von zehn Milliarden Euro sind so bereits ausgefallen, darunter mehr als 130 Wohnungsbauprojekte, berichtet Mattner.
Die „Staatsquote“ beim Gut Wohnen beträgt nach ZIA-Taxierungen etwa 37 Prozent – über ein Drittel der Kosten werden also vom Staat selbst direkt, durch Finanzlasten, oder mittelbar, durch hohe Auflagen, verursacht. Angesichts ohnehin dramatischer Zins- und Kostensteigerungen verstärken hohe Steuerlasten den Abschreckungseffekt für Investoren zusätzlich. Der ZIA betont, dass die Grunderwerbsteuer nicht nur für selbst genutzten Wohnraum gesenkt werden sollte, sondern auch für Mietwohnungen. „Gerade Investorinnen und Investoren, die schließlich das Gros der Wohnungen in Deutschland bereitstellen, durch Maximalforderungen weiter zu verschrecken, wird sich übel rächen“, warnt Mattner.
Er erneuert angesichts der jüngsten Zahlen eine Forderung, die er auch beim Baugipfel im Kanzleramt erhoben hat: Es braucht ein „Baukabinett“ mit Kanzler Olaf Scholz den zuständigen Bundesministern, den Ministerpräsidenten sowie den Spitzen der Kommunen. „Nur an einem Tisch kann verhindert werden, dass jeder mit dem Finger auf den anderen zeigt und es zu keiner Lösung kommt“, erklärt der ZIA-Präsident.