
Grunderwerbsteuer-Reform und Share Deals
Grunderwerbsteuerreform und Share Deals
Grunderwerbsteuerreform 2021
Mit der Grunderwerbsteuerreform im Jahr 2021 hat der Gesetzgeber zur Vermeidung unerwünschter Share-Deal-Gestaltungen die Ergänzungstatbestände reformiert. Die Beteiligungsschwelle der Ergänzungstatbestände wurde von 95 % auf 90 % abgesenkt und der Betrachtungszeitraum von 5 auf 10 bzw. 15 Jahre verlängert. Zudem wurde der neue Ergänzungstatbestand § 1 Abs. 2b GrEStG eingeführt, der unter den gleichen Voraussetzungen wie § 1 Abs. 2a GrEStG die Anteilseignerwechsel bei Kapitalgesellschaften besteuert. Anteilsübergänge im Rahmen des Börsenhandels bleiben durch die ebenfalls neu eingeführte Börsenklausel in § 1 Abs. 2c GrEStG unter bestimmten Voraussetzungen außer Betracht.
Der ZIA bewertet die Reformfolgen kritisch. Insbesondere mit Blick auf die Bedeutung von Share Deals in Deutschland sind die mit der Reform einhergehenden Belastungen der Unternehmen nicht zu rechtfertigen. Denn der Anteil von Share Deals gemessen an der Zahl der gesamten Immobilientransaktionen war bereits vor der Grunderwerbsteuerreform stark rückläufig. Praktisch ist es den Steuerpflichtigen nicht möglich, die für die Verwirklichung des neuen Ergänzungstatbestandes für Kapitalgesellschaften relevanten Beteiligungsübertragungen nachzuvollziehen – erst recht nicht in der vorgegebenen Meldefrist. Das Vollzugsdefizit besteht auch für die Finanzverwaltung, die bereits vor der Reform Schwierigkeiten bei der Nachverfolgung der Ergänzungstatbestände eingeräumt hat. Neben diesen praktischen Problemen des neuen Ergänzungstatbestandes ist es nicht gerechtfertigt, dass Grunderwerbsteuer ausgelöst wird, wenn Kleinstübertragungen von Anteilen in Summe die gesetzliche Beteiligungsschwelle erreichen.
Kritisch beurteilt der ZIA zudem, dass die bestehende Konzernklausel in § 6a GrEStG aktuell nicht auf alle konzerninternen Übertragungsvorgänge angewandt werden kann, sondern auf bestimmte Sachverhalte im Sinne des Umwandlungsgesetzes beschränkt ist. Solange ein Grundstück einen Konzernverbund nicht verlässt, sollte keine Grunderwerbsteuer ausgelöst werden.
Erlasslage
Im Nachgang zur Reform hat die Finanzverwaltung diverse Erlasse zur Grunderwerbsteuer veröffentlicht bzw. angepasst. Die Finanzverwaltung hat es jedoch versäumt, mit diesen Erlassen das für die Praxis bestehende Risiko der Doppel-bzw. Mehrfachbesteuerung ausreichend auszuräumen. So droht durch die von der Finanzverwaltung angenommene mehrfache Grundstückszurechnung in einer Beteiligungskette der mehrfache Anfall von Grunderwerbsteuer, auch wenn der BFH mit seiner Rechtsprechung und der Gesetzgeber mit § 1 Abs. 4a GrEStG für Erleichterung gesorgt hat.
Auch in anderen Fällen geht die Finanzverwaltung von einem doppelten Entstehen der Grunderwerbsteuer aus: Fallen Vertragsschluss (Signing) und dingliche Übertragung (Closing) eines Grundstücks zeitlich auseinander, sollen entgegen einem gesetzlichen Anwendungsvorrang zwei Ergänzungstatbestände erfüllt sein. Eine gesetzliche Lösung zur Vermeidung einer Doppelbesteuerung wurde zwar mit § 16 Abs. 4a GrEStG angestrebt, diese setzt jedoch die Einhaltung strenger, praktisch oft nicht erfüllbarer Meldepflichten voraus.
Aktuelle Reformüberlegungen
Der ZIA kritisiert die mittlerweile viel zu komplexen und für die Praxis kaum noch handhabbaren Auswüchse des Grunderwerbsteuerrechts und fordert insbesondere, dass eine Doppel-bzw. Mehrfachbesteuerung von Übertragungsvorgängen unterbleiben muss.
Erforderlich wäre eine grundlegende Vereinfachung des Grunderwerbsteuerrechts. Ein im Einzelnen noch anzupassender, aber im Grundsatz sinnvoller Reformvorschlag wurde durch das BMF bereits vorgelegt. Der ZIA fordert diesbezüglich insbesondere noch Anpassungen für Fonds und die Konkretisierung unbestimmter Rechtsbegriffe.
Eine im politischen Diskurs immer wieder vorgeschlagene Übertragung des niederländischen Systems der Share-Deal-Besteuerung in das deutsche Grunderwerbsteuerrecht ist nicht ohne weiteres möglich, da es u. a. andere Bewertungs- und Befreiungsregelungen in den Niederlanden gibt, die dem nationalen System entgegenstehen.
Stand: 18. Dezember 2024
Aktuelle Positionen und Stellungnahmen
ZIA-Stellungnahme Änderung des Grunderwerbsteuergesetzes (Share Deals) (27.04.2021) [PDF | 788 KB]
DownloadPosition des ZIA zur Änderung des Grunderwerbsteuergesetzes (Share Deals) vom 18. September 2019 [PDF | 733 KB]
DownloadPressemitteilung des ZIA vom 14. Oktober 2019 [PDF | 84 KB]
DownloadStellungnahme des ZIA zum Referentenentwurf des BMF (inkl. Share Deals) vom 5. Juni 2019 [PDF | 341 KB]
DownloadSteuerrechtliche Position des ZIA zur Reform der Grunderwerbsteuer (Share Deals) vom 22. Januar 2019 [PDF | 658 KB]
DownloadAllgemeine Positionen des ZIA zur Grunderwerbsteuer vom 20. Januar 2016 [PDF | 85 KB]
DownloadPressemitteilung des ZIA vom 21. Juni 2018 zu Share Deals [PDF | 84 KB]
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