ZIA-Präsident sieht drei entscheidende Hebel, um ein drohendes Debakel beim Wohnungsbau abzuwenden
Die simple Frage „Wie läuft’s beim Wohnungsbau?“ klingt in den Ohren einiger Zuhörer mittlerweile fast zynisch. Denn mancherorts läuft schon gar nichts mehr. Der ZIA will hier kraftvoll gegenhalten. Doch die Ausgangslage ist ernst.
Der Stopp großer Akteure beim Wohnungsbau sei möglicherweise „ein Menetekel“ für die Entwicklung der Branche, warnte ZIA-Präsident Dr. Andreas Mattner bei der Präsentation des Frühjahrsgutachtens vor Journalistinnen und Journalisten in Berlin. Die Attraktivität des gewerblichen Immobilienmarktes sei, speziell im Büro und Logistikbereich sowie bei modernen Gebäuden mit energetischen Nachhaltigkeitsstandards, zwar weiter gegeben. Für den Bereich Wohnen aber könnte die wachsende „Wirtschaftlichkeitslücke“ eine immer bedrohlichere „Wohnraumlücke“ auslösen.
„Für das Jahr 2022 liegt beim Wohnungsbau bereits ein kumuliertes Neubaudefizit in der Zahl fast aller Wohnungen in Bremen vor, im Jahr 2024 wären rechnerisch alle Saarländer ohne Wohnung, für 2025 könnte das Gap aus ZIA-Sicht bei 700.00 Wohnungen beziehungsweise 1,4 Mio. Menschen liegen“, so Mattners Analyse. Das „entspräche fast dem Wohnungsbestand des Saarlandes und Bremen zusammengenommen“. Er erläuterte seine Prognose bei der Präsentation des Frühjahrsgutachtens, das er offiziell Bundesbauministerin Klara Geywitz übergab.
Wegen der Flüchtlinge aus der Ukraine, die in Deutschland Hilfe suchen, ist der Bedarf zusätzlich gestiegen. Der dramatische Mangel ist umso ernster; als erschwinglicher, klimagerechter Wohnraum zu den Basics eines guten Zusammenlebens der Gesellschaft gehört. „Wir müssen alles tun, um eine verschärfte Konkurrenz um Wohnraum zu verhindern, weil ansonsten auch die Stabilität der Gesellschaft insgesamt gefährdet wird“, warnt Mattner. Mit konventionellem Wohnungsbau mit „x Jahren Genehmigungsvorlauf und mindestens zwei Jahren Realisierungszeit“ sei selbst bei einem Start in diesem Februar eine Fertigstellung 2025 schon nicht mehr zu schaffen.
Eine weitere Verschärfung der Lage auf dem Wohnungsmarkt sei daher eine „sehr konkrete Gefahr“, aber „eben kein Automatismus“, betont Mattner. Er reagierte damit auch auf die Prognose des Wirtschaftsweisen Prof. Dr. Lars P. Feld, der allenfalls mit einer kurzen und milden Rezession rechnet.
Der konventionelle Wohnungsbau komme nur noch durch Veränderungen an drei Schalthebeln weiter, und die hält der ZIA für zentral:
- Preissenkung beim Wohnungsbau und damit Abbau der enormen „Staatsquote“ am Produkt
- Verbesserte Finanzierungsbedingungen, zu denen eine nennenswerte Förderung wie in der Vergangenheit sowie eine echte degressive AfA gehören
- Verzicht auf eine weitere Begrenzung der Einnahmeseite
Dafür fordert Mattner den Abschied von der Mietpreisbremse und generell einen strikten Verzicht auf weitere Mietenregulierung.
Weitere ZIA-Forderungen:
- Die Umsetzung von seriellem und vor allem modularen Bauen auf breiter Front. Mattner: „Das Bündnis für bezahlbares Bauen und Wohnen hat zahlreiche Verbesserungen für diese Bauweise wie die Typengenehmigung bereits auf den Weg gebracht. Jetzt braucht es die Umsetzung ohne Verzug.“
- Einen schnellen Anlauf bei der Neubauförderung mit einem Volumen von insgesamt 10 Milliarden Euro jährlich
- Eine Ausweitung der KfW-Kredite zur Vergrößerung des finanziellen Spielraums
- Eine degressive Sonder-AfA, die den Namen verdient
- Die Öffnung von § 246 des Baugesetzbuchs als generellen Freiraum für einfachen, schnellen und bezahlbaren Wohnungsbau (§ 246 wurde ursprünglich als Sonderregelung eingeführt für Flüchtlingsunterkünfte)
- Intelligente Lösungen, um die Klimaziele mit einem Kostenrahmen zu erreichen, der leistbar ist.
Mattners Wunsch angesichts seiner eigenen Prognose? Unrecht haben, falsch liegen. Er würde sich „sehr freuen, wenn sie nicht eintritt“, kommentierte Mattner beim Pressetermin im ZIA-„Hauptstadtstudio“ seine Prognose. Und er hat konkrete Vorstellung, welche Schritte dazu beitragen könnten, dass dieser Wunsch erfüllt wird.