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Mietpreisüberhöhung – Angedachte Änderung von § 5 WiStrG („Mietwucher“)

Die Mietpreisüberhöhung nach § 5 WiStrG (Wirtschaftsstrafgesetz) ist eine Ordnungswidrigkeit und ordnet ein Bußgeld bis zu 50.000 Euro an, wenn durch die Ausnutzung eines geringen Angebots an vergleichbaren Räumen die üblichen Entgelte um mehr als 20 Prozent überschritten werden. Aktuell gibt es vereinzelt politische Bestrebungen, unangemessen hohe Mieten für Wohnraum in Ballungszentren durch eine Verschärfung der Regelung zur Mietpreisüberhöhung zu bekämpfen.

Der Freistaat Bayern hat mit der Drucksache 849/21 am 22. Dezember 2021 erneut einen Gesetzesentwurf zur Verschärfung von § 5 WiStrG eingebracht. Schon 2019 hatte Bayern über den Bundesrat versucht, eine Änderung des § 5 WiStrG im Bundestag anzustoßen (BR-Drs. 527/19 (B)), was mangels abschließender Beratungen im Bundestag in der 19. Legislaturperiode an dem Grundsatz der Diskontinuität scheiterte. Hinsichtlich des neu eingebrachten Entwurfs hat der Bundesrat am 11. Februar 2022 beschlossen, den Gesetzentwurf beim Deutschen Bundestag erneut einzubringen (BR-Drs. 849/21 (B)).

Mit dem aktuellen Gesetzentwurf soll – wie auch schon in der vergangenen Legislaturperiode – auf das subjektive Tatbestandsmerkmal der Ausnutzung eines geringen Angebots an vergleichbaren Räumen verzichtet werden und stattdessen bei der Frage der Unangemessenheit auf ein objektives Kriterium, d.h. auf das Vorliegen eines geringen Angebots, abgestellt werden. Eine überhöhte Miete sei demnach schon gegeben, wenn sie die ortsübliche Vergleichsmiete um 20 Prozent übersteigt und das Angebot an günstigerem Wohnraum gering ist. Bislang war eine Mietpreisüberhöhung als Ordnungswidrigkeit mit bis zu 50.000 Euro geahndet. Nach dem Entwurf sollte sie auf 100.000 Euro erhöht werden.

Am 30. März 2022 hat sich das Bundeskabinett mit dem vom Bundesrat beschlossenen Gesetzentwurf zur besseren Bekämpfung von Mietwucher befasst (BT-Drs. 20/1239). Zwar ist laut Bundesregierung die Meinungsbildung noch nicht abgeschlossen, jedoch sieht sie – wie auch der ZIA – den derzeitigen Entwurf insbesondere aus verfassungsrechtlichen Gründen kritisch. Konkret würde mit dem Entfallen des subjektiven Tatbestandsmerkmals der Ausnutzung eines geringen Angebots an vergleichbaren Räumen in § 5 WiStrG kein in besonderer Weise vorwerfbares Unrecht mehr enthalten sein, welches eine Sanktionierung als Ordnungswidrigkeit mit einer Geldbuße rechtfertigt. Es würde somit das aus dem Rechtsstaatsprinzip stammende Schuldprinzip aus Art. 20 Abs. 3 GG verletzt. Zudem erscheint angesichts der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Mietpreisbremse von 2019, nach der sich die Verhältnismäßigkeit der Regelung vor allem aus der Befristung der Regelung ergibt, eine vom Schuldprinzip losgelöste bundesweit geltende und dauerhafte mietpreisregulierende Regelung auch in Bezug auf die Eigentumsgarantie aus Art. 14 Abs. 1 GG höchst problematisch. Zudem wäre auch eine widersinnige Rechtslage denkbar, in der eine Miete beispielsweise aufgrund der geltenden Ausnahmen nach der Mietpreisbremse gemäß §§ 556d ff. BGB rechtlich zulässig wäre, jedoch nach der Novelle des § 5 WiStrG eine Ordnungswidrigkeit zur Folge hätte, die mit einem Bußgeld von bis zu 100.000 Euro geahndet würde.

Neben den rechtlichen Zweifeln an dem Gesetzesvorschlag sind jedoch auch die schwerwiegenden negativen Folgewirkungen kritisch zu sehen. So würde eine Umsetzung des Gesetzentwurfs in der Form nach unserer Auffassung dazu führen, dass notwendige Investitionen in den Immobiliensektor unterbleiben würden. Im Ergebnis würden das im Koalitionsvertrag geplante Neubauziel von 400.000 Wohnungen pro Jahr sowie die für den Klimawandel wichtigen energetischen Sanierungen gefährdet. Aus Sicht des ZIA sollten angesichts vieler angespannter Immobilienmärkte in deutschen Städten und Gemeinden auf nachhaltige Veränderungen gesetzt und die Beschleunigung von Planungs- und Bauprozessen vorangetrieben werden – darin liegt der Schlüssel für mehr bezahlbaren Wohnraum. Investitionen in den Neubau und den Klimaschutz sollten gefördert werden, statt sie mit drohenden Bußgeldern zu gefährden.

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Justiziar und Referent Recht
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