Vor dem Start von Koalitionsverhandlungen in Berlin warnt der ZIA die möglichen Partner: Ohne schnelles und konsequentes Handeln wird Wohnungsnot noch weiter zunehmen
Berlin, 03.03.2023 – Vor dem Start von Koalitionsverhandlungen in Berlin drängt der Zentrale Immobilien Ausschuss (ZIA) die möglichen Partner CDU und SPD, den Kampf gegen die Wohnungsnot „zur Priorität Nummer eins in der Bundeshauptstadt“ zu machen. Der Verband hat den Spitzen- und Fachpolitiker(inne)n von SPD und CDU den Appell „Wege aus der Wohnungsnot – was jetzt zu tun ist“ geschickt.
„Dieser Appell ist eigentlich ein letzter Weckruf. Denn die Politik muss unverzüglich in den Handlungsmodus umschalten“, kommentiert Stefanie Frensch, Sprecherin der ZIA-Region Ost, den Vorstoß. Die Lage in Berlin: Die Baugenehmigungen sanken von Januar bis September 2022 um 8,7 Prozent. Mit einem Prozent Leerstand sind faktisch keine freien Wohnungen mehr zu mieten. Bis 2040 soll die Bevölkerung nach Berechnung der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen um fünf Prozent wachsen.
„Wohnungssuchende in Berlin brauchen dringend die realistische Perspektive, dass sie auf absehbare Zeit tatsächlich den günstigen klimagerechten Wohnraum bekommen, den sie so dringend benötigen“, so Frensch. „Das muss jetzt alles sehr, sehr schnell gehen. Auch wir sind bereit, in einem gemeinsamen Kraftakt an Tempo zuzulegen.“ Es gehe jetzt darum, die Rahmenbedingungen für die Ziele zu schaffen, die im Berliner Bündnis vereinbart seien.
„Die Wohnungsnot wird weiter zunehmen, wenn die zukünftige Berliner Regierung nicht schnell und konsequent handelt“, heißt es in dem Appell. Gedankenspielen zu Enteignungsmodellen wird eine klare Absage erteilt: „Am Ende werden die Herausforderungen auf dem Berliner Wohnungsmarkt nur von öffentlicher Hand und Privatwirtschaft gemeinsam gestemmt“, heißt es. Der Effekt von Enteignungen wäre „weniger Investitionen und damit weniger Wohnungen“. Es gehe um „Kooperation statt Konfrontation.“
Kernforderungen des Appells:
- Wohnungsbau soll in Berlin künftig „von oben“, also vom künftigen Regierenden Bürgermeister/der Bürgermeisterin gesteuert werden.
- Der ZIA fordert „zielgenaue Neubauförderung mit verlässlichen Bedingungen“, um Eigentumsbildung zu pushen und die enormen Baukostensteigerung abzufedern.
- Genehmigungsverfahren sollen durchgängig digitalisiert, digitaler Austausch mit den Bezirksämtern bei Planverfahren Standard werden. Bauanträge sollen auch dann weitestgehend weiter bearbeitet werden, wenn noch einzelne Unterlagen fehlen.
- Bauland soll mobilisiert und zügig bereitgestellt Baulücken sollen sichtbar, deren Lage in einem Baulückenkataster frei zugänglich gemacht werden.
- Experimentierklauseln in der Landesbauordnung sollen Optionen für Wohnungsbau erweitern. Hintergrund: Neue Anforderungen und Standards etwa zu Barrierefreiheit, Brand-, Klima- und Lärmschutz haben eine wahre Vorschriftenexplosion gebracht. Experimentierklausel (beispielsweise für den Gebäudetyp E oder Reallabore) könnten Abweichungen ermöglichen, ohne das Niveau für Gesundheits- oder Klimaschutz zu senken.
- Umwidmen und Umbau von Gebäuden soll leichter werden. Einige Warenhäuser, Shoppingmalls oder Fachmarktzentren stehen in attraktiven Lagen leer und könnten schnell in Wohnraum umgewandelt Es sind bereits geplante und genehmigte Gebäude, die keines neuen Plan- und Genehmigungsverfahrens bedürfen. Um eine schnelle Umnutzung zu ermöglichen, müsste der Anlagenbegriff in der Bauordnung flexibilisiert werden.
- Baukosten sollen mit steuerlichen und vertraglichen Erleichterungen gesenkt werden. Eine niedrigere (oder gar ganz abgeschaffte) Grunderwerbssteuer ist hier ein Weg.
- Eine bessere Zusammenarbeit zwischen den Ländern Berlin und Brandenburg soll Raum schaffen, um den Siedlungsstern („Speckgürtel“) zu stärken. Eine engere Kooperation mit Brandenburg kann beispielsweise den Reiz erhöhen, kooperativ auch größere Wohnbauprojekte außerhalb der Stadt umzusetzen.