Tag der Immobilienwirtschaft 2023 – das bleibt

Eine Standard-Grußbotschaft als Redebeitrag? Ein paar bewährte Textbausteine? Eine Nettigkeit hier, eine da? Klar, lassen sich mit solche Bausteinen politische Keynotes von Spitzenpolitikerinnen und Spitzenpolitikern zusammenstellen. Beim Tag der Immobilienwirtschaft (TDI) aber gibt es eine ganz andere Tradition, und die wurde diesmal wieder kraftvoll belebt: Die Top-Rednerinnen und Redner bringen konkrete Botschaften mit, um der Branche zu signalisieren, wo es langgeht. Und der ZIA wiederum formuliert im Gegenzug glasklar seine Erwartungen. Man nennt es Dialog.

Bundesbauministerin Klara Geywitz begann ihre Keynote im Friedrichstadt-Palast mit einem persönlichen Geständnis: „Als Mädchen habe ich immer mal davon geträumt, auf der Bühne des  Friedrichstadt-Palasts zu stehen“. Sie hatte dabei aber, so fügte Geywitz hinzu, nicht an „Ausführungen zu Bauwirtschaft“ gedacht, sondern an einen „eleganten Tänzer“ an ihrer Seite. Gelächter im Saal.

TA Lärm: noch in diesem Jahr ändern

Für die Abteilung „Ausführungen zur Bau- und Immobilienwirtschaft“ hatte sie dann aber bei ihrem Auftritt auf der Friedrichstadt-Palast-Bühne einiges an Signalen parat: Es gibt seit vielen Jahren die Forderung, die Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm („TA Lärm“) zu ändern. Geywitz will dieses Problem jetzt offenbar angehen: „Ich bin in so guten Gesprächen mit dem Umweltministerium, dass ich davon ausgehe, dass wir das in diesem Jahr noch schaffen.“

Bei den Gewerbeimmobilien macht Geywitz ein Extra-Problem aus, das sie offenbar abmildern will: „Wir können Verkehrslärm so dämmen, dass man an Flughäfen oder Autobahnen wohnen kann. Aber wehe, es handelt sich um Gewerbelärm – dann geht das nicht.“ Ansage der Ministerin: „Wenn wir da nicht rangehen, werden wir Nachverdichtung und flächensparendes Bauen nicht schaffen.“ Die Branche wird in den nächsten Monaten gebannt hinschauen, was Klara Geywitz hier bewegen kann.

Weniger Regulierung? Mehr davon!

Auch das folgende Thema bot Stoff für die Abteilung „Darf’s ein bisschen weniger sein?“ Weniger an Regulierung ist schließlich seit einer gefühlten Ewigkeit ein Wunsch der Immobilienwirtschaft. Geywitz packte auch ihre Antwort wohlweislich in eine Frage: „Trauen wir uns zu, unsere Bauvorschriften, die wir in Jahrzehnten gesammelt haben, so zurückzuschneiden, dass man es sich im freifinanzierten Wohnungsbau leisten kann, ein Haus zu bauen und zu vermieten, ohne dass der Staat dafür Zuschüsse zahlt?“

Zum Komplex „Gebäude und Wohnen“ setzte sie kleine und große Akzente. Auffällig: In der Bewertung wie rigoros Klimaschutz in Deutschland und Europa angegangen werden sollte, treten die Unterschiede zwischen dem „Haus Geywitz“ und dem „Hause Habeck“, dem Ministerium für Wirtschaft und Kilmaschutz, immer deutlicher zutage. „Ich bin nicht davon überzeugt, dass wir alles unternehmen müssen, um jedes einzelne Gebäude möglichst effizient zu machen”, sagte Geywitz zur Frage der Dämmung. Ihr kleineres Signal zum Thema „Wohnen“: Unflexible Stellplatzsatzungen können preiswertem Wohnraum im Wege stehen. Man wird sehen, was hier geht.

Buschmann erwartet Änderungen am Gebäudeenergiegesetz

Bundesjustizminister Marco Buschmann setzte einmal mehr Zeichen in Richtung Bürokratieabbau. Und er formulierte eine klare Prognose zu dem aktuell umstrittensten Regierungsvorhaben der „Ampel“. Buschmann: „Das Gebäudeenergiegesetz, wie es jetzt ist, wird so nicht kommen“, rief er den Zuhörerinnen und Zuhörern im Friedrichstadt-Palast zu. Kleinteiligen Vorschriften mit Mikro-Management stehe er ohnehin skeptisch gegenüber, betonte Buschmann.

Er bescheinigte der Immobilienbranche, sie habe „einen wesentlichen Beitrag dazu geleistet, dass unser Land bisher so gut durch diese schwere Krise gekommen ist:“ Die Gäste nahmen es hörbar erfreut auf.

Und was erwarten die Entscheiderinnen und Entscheider der Immobilienwirtschaft in diesen harten Zeiten von der Politik? ZIA-Präsident Dr. Andreas Mattner hat an Ministerin Geywitz klar die Sicht der Branche herangetragen. Der ZIA kämpft hier für eine „Konzertierte Aktion Wohnen“, für einen gebündelten Kraftakt von Bund, Ländern, Kommunen und der Branche selbst. Die Immobilienwirtschaft fordert eine Quote fürs serielle und modulare Bauen in Höhe von 30 Prozent sowie eine Rücknahme der „Staatsquote“ am Gut Wohnen von derzeit etwa 37 Prozent.

Mattner hat errechnet, dass in 2023 etwa 400.000 und in 2025 etwa 700.000 Wohnungen fehlen – das entspricht ungefähr dem aktuellen Wohnungsbestand von Bremen und dem Saarland zusammen.    

Probleme mit kommunalen Wärmeplänen

„Aufbruch im Umbruch“ – das Motto dieses TDI – war insofern an diesem 10. Mai Situationsbeschreibung und Zielvorgabe in einem: Mit demonstrativer Entschlossenheit geht der ZIA die Zeit grundlegender ökonomischer, technischer und gesellschaftlicher Erneuerung an. Der ZIA bekennt sich zur Verantwortung der Immobilienwirtschaft beim Klimaschutz: „Wie kein anderer Sektor haben wir seit 1990 Emissionen eingespart, sie halbiert. Gleichwohl ist uns klar, dass wir noch immer ein großer Verursacher sind und insbesondere im Bestand viel tun müssen“, sagte Mattner. Mit Blick auf die ehrgeizigen Ziele im Gebäudeenergiegesetz ergänzte er: „All das ist nichts wert, wenn die Kommunen mit ihren kommunalen Wärmeplänen nicht hinterherkommen.“ Er verdeutlichte zugleich die Dramatik der Lage: „Lassen Sie uns diese Wahrheit offen aussprechen: Von diesem Tag der Immobilienwirtschaft muss die Botschaft ausgehen, dass wir diese Entwicklung endlich zurückdrehen.“

Den Check, inwieweit Wunsch und Wirklichkeit zusammengekommen sind, gibt es spätestens am 11. Juni 2024, dem nächsten Tag der Immobilienwirtschaft.